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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 03.05.2007
Aktenzeichen: 1 W 407/06
Rechtsgebiete: RVG, RVG-VV


Vorschriften:

RVG § 56
RVG § 33
RVG § 12a
RVG-VV Nr. 2503
RVG-VV Nr. 1008
Die Beschwerde gegen die Festsetzung der aus der Staatskasse wegen anwaltlicher Beratungshilfetätigkeit zu gewährenden Vergütung ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,00 EUR nicht übersteigt, nur statthaft, wenn sie das Amtsgericht in dem auf die Erinnerung des Rechtsanwalts ergehenden Beschluss zulässt. Die Zulassung der Beschwerde kann nachträglich nicht erfolgen. Um eine nachträgliche Entscheidung handelt es sich aber nicht, wenn das Amtsgericht das Verfahren auf Grund einer Anhörungsrüge weitergeführt und in dem darauf erlassenen Beschluss die Beschwerde zugelassen hat.
Kammergericht

Beschluss

Geschäftsnummer: 1 W 407/06

In der Beratungshilfesache

hat der 1. Zivilsenat des Kammergerichts auf die weitere Beschwerde vom 23. Oktober 2006 gegen den Beschluss des Landgerichts vom 29. September 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Kammergericht Sieveking sowie die Richter am Kammergericht Hinze und Müller am 3. Mai 2007 beschlossen:

Tenor:

In Abänderung des Beschlusses des Landgerichts Berlin vom 29. September 2006 werden über die Kostenfestsetzung des Amtsgerichts vom 21. März 2006 hinaus weitere der Beschwerdeführerin aus der Landeskasse zu zahlende Gebühren und Auslagen in Höhe von 128,76 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht erteilte am 24. Mai 2005 Herrn nnnnnnn einen Berechtigungsschein für die Angelegenheit "Ausländerrecht - (unbefristete) Aufenthaltserlaubnis für sich selbst und Familie". Zu seiner Vertretung beauftragte nnnnnn die Beschwerdeführerin, die mit Schreiben vom 24. Mai 2005 Einsicht in die bei der Ausländerbehörde geführten Akten beantragte. Die Beschwerdeführerin ließ aus den übersandten Akten einzelne Ablichtungen fertigen und beantragte mit Schreiben vom 13. Juni 2005 für den minderjährigen Sohn nnnnnnnnn die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.

Auf Antrag der Beschwerdeführerin setzte das Amtsgericht am 21. März 2006 109,62 EUR an Rechtsanwaltsgebühren und Auslagen fest. Den darüber hinausgehenden Antrag in Höhe von 128,76 EUR wies das Amtsgericht mit der Begründung zurück, für die Vertretung mehrerer Familienmitglieder gegenüber der Ausländerbehörde entstünden keine Erhöhungsgebühren nach RVG-VV 1008. Die hiergegen gerichtete Erinnerung wies das Amtsgericht am 10. April 2006 unter Bezugnahme auf die vorgenannten Gründe aus der Festsetzung vom 21. März 2006 zurück. Mit Schriftsatz vom 9. Mai 2006 erhob die Beschwerdeführerin "sofortige Beschwerde", hilfsweise Anhörungsrüge mit dem Antrag das Verfahren fortzuführen. Das Amtsgericht half dem Rechtsmittel mit Beschluss vom 23. Juni 2006 nicht ab und ließ die Beschwerde hiergegen zu; zugleich legte es die Akten dem Landgericht vor. Das Amtsgericht berief sich bei seiner Entscheidung auf einen Beschluss des Landgerichts Berlin vom 5. Juni 1996 (82 T 292/96, Rpfleger 1996, 464).

Nachdem die Beschwerdeführerin ihre Beschwerde trotz Hinweises des Landgerichts auf Bedenken an deren Zulässigkeit aufrecht erhalten hatte, hat das Landgericht mit dem am 9. Oktober 2006 zugestellten Beschluss vom 29. September 2006 die Beschwerde als unzulässig verworfen und die weitere Beschwerde zugelassen. Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer am 23. Oktober 2006 erhobenen weiteren Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist auf Grund ihrer Zulassung durch das Landgericht statthaft, §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 6 S. 1 RVG. Sie ist auch zulässig, insbesondere ist sie rechtzeitig erhoben worden, §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 6 S. 3, Abs. 3 S. 3 RVG.

2. Die weitere Beschwerde ist auch begründet. Die angefochtene Entscheidung beruht auf einer Verletzung des Rechts, §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 6 S. 2 RVG, 546 ZPO. Das Landgericht konnte die Erstbeschwerde nicht als unzulässig verwerfen. Zugunsten der Beschwerdeführerin sind weitere Gebühren in Höhe von insgesamt 128,76 EUR festzusetzen, was der Senat in eigener Kompetenz entscheiden kann, weil weitere Ermittlungen nicht erforderlich sind und die Sache zur Entscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO.

a) Allerdings ist es zutreffend, dass die Erstbeschwerde nur dann zulässig erhoben werden konnte, wenn sie das Amtsgericht zugelassen hatte. Denn der Wert des Beschwerdegegenstands lag unter 200,00 EUR, vgl. §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 und 2 RVG. Auch ist die Auffassung des Landgerichts nicht zu beanstanden, dass die Zulassung der Erstbeschwerde nicht nachträglich, sondern in dem anzufechtenden Beschluss selbst zu erfolgen hat. Dies ist höchstrichterlich zur Revision und zur Rechtsbeschwerde, §§ 543 Abs. 1 Nr. 1, 574 Abs. 1 S. 11 Nr. 2 ZPO, bereits entschieden worden (BGH, NJW 2005, 156; NJW 2004, 779; BGH, Beschluss vom 20. Juli 2006 - V ZB 38/06 -). Für die insoweit wortgleichen Regelungen zur Zulassung der Beschwerde gegen die Festsetzung von Rechtsanwaltsgebühren, § 33 Abs. 3 S. 2 RVG, kann nichts anderes gelten (vgl. E. Schneider, in: Schneider/Wolf, RVG, 3. Aufl., § 33, Rdn. 88f.; Bischof, in: Bischof/Jung/Sauer/Bräuer/Luvkovic/Mathias/Uher, RVG, 2. Aufl., § 33, Rdn. 39; Fraunholz, in: Riedel/Sußbauer, RVG, 9. Aufl., § 33, Rdn. 29).

Das Amtsgericht hat jedoch in einem nach § 33 Abs. 3 S. 2 RVG maßgeblichen Beschluss die Beschwerde zugelassen. Dabei kam es nicht darauf an, dass in dem zunächst erlassenen Beschluss vom 10. April 2006 hierzu noch keine Ausführungen enthalten waren. Vorliegend war entscheidend, dass die Beschwerdeführerin mit der Einlegung ihres Rechtsmittels gegen diesen Beschluss auch die Verletzung rechtlichen Gehörs gerügt hatte. Im Rahmen einer solchen Anhörungsrüge nach § 12a RVG konnte das Amtsgericht die Entscheidung vom 10. April 2006 abändern und vor allem auch die Beschwerde zulassen (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Mai 2004 - IXa ZB 182/03 - zur Rechtslage vor Inkrafttreten des Anhörungsrügengesetzes vom 9. Dezember 2004, BGBl. I S. 3220). So ist es hier. Das Amtsgericht hat in seinem Beschluss vom 23. Juni 2006 nicht lediglich dem als sofortige Beschwerde bezeichneten Rechtsmittel nicht abgeholfen, sondern tatsächlich über die für diesen Fall hilfsweise erhobene Anhörungsrüge - positiv - entschieden und daraufhin nochmals in der Sache die Erinnerung zurückgewiesen. Anders kann der Beschluss nicht verstanden werden. Ohne vorherige Entscheidung über die Anhörungsrüge wäre das Amtsgericht zu einer nochmaligen Entscheidung in der Sache nicht befugt gewesen, weil gegen den Beschluss vom 10. April 2006 mangels Zulassung kein Rechtsmittel gegeben war, dem das Amtsgericht hätte abhelfen können. Hält das Gericht eine Anhörungsrüge aber für begründet, hat es ihr abzuhelfen, indem es das Verfahren fortführt, soweit dies aufgrund der Rüge geboten ist, § 12a Abs. 5 RVG. Das ist vorliegend geschehen, auch wenn das Amtsgericht ausdrücklich in seinem Beschluss vom 23. Juni 2006 auf die Anhörungsrüge nicht eingegangen ist. Das ist aber nach dem Wortlaut des § 12a Abs. 5 RVG auch nicht erforderlich. Ob die Anhörungsrüge zu Recht erhoben worden ist und sie das Gericht zutreffend für begründet gehalten hat, ist für das nachfolgende Verfahren ohne Bedeutung, weil Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nicht die Entscheidung über die Anhörungsrüge sondern die darauf erfolgte Sachentscheidung ist.

Unschädlich war, dass die Beschwerdeführerin gegen den Beschluss vom 23. Juni 2006 nicht nochmals ausdrücklich Beschwerde eingelegt hat, obwohl es sich letztlich um den ihre Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung zurückweisenden Beschluss handelte, gegen den auf Grund ihrer Zulassung nunmehr erst die Beschwerde statthaft war, §§ 56 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 2 RVG. Nachdem die Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom 3. August 2006 auf den Hinweis des Landgerichts, das Amtsgericht habe die - nicht zugelassene - Beschwerde vom 9. Mai 2006 dem Landgericht zur Entscheidung vorgelegt, das eingelegte Rechtsmittel auf Grund seiner Zulassung im Beschluss vom 23. Juni 2006 ausdrücklich aufrecht erhalten hat, bedurfte es keiner erneuten Einlegung. Ein solches Erfordernis wäre reine Förmelei, denn es ist nicht ersichtlich, dass das Amtsgericht auf eine nochmalige Beschwerde eine andere Abhilfeentscheidung als die bereits vorliegende vom 23. Juni 2006 getroffen hätte. Auf die Einhaltung der Frist des § 33 Abs. 3 S. 3 RVG durch den Schriftsatz vom 3. August 2006 kommt es ebenfalls nicht an. Denn die Beschwerdeführerin konnte davon ausgehen, dass das Amtsgericht und das Beschwerdegericht die bereits eingelegte sofortige Beschwerde vom 9. Mai 2006 als das erforderliche Rechtsmittel gegen die Sachentscheidung des Amtsgerichts über die Erinnerung vom 29. März 2006 ansehen würden, wie dies tatsächlich auch geschehen ist.

b) Das Amtsgericht hat zu Unrecht einen Betrag in Höhe von insgesamt 128,76 EUR abgesetzt, den die Beschwerdeführerin als erhöhte Geschäftsgebühr nach RVG-VV Nr. 2603 (jetzt: 2503), 1008 nebst Umsatzsteuer und anteiliger Kostenpauschale nach RVG-VV Nr. 7002 geltend macht.

aa) Soweit das Amtsgericht sich auf den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 5. Juni 1996 (Rpfleger 1996, 464) beruft, übersieht es, dass diese Entscheidung zu § 132 Abs. 2 BRAGO ergangen ist und auf der damaligen Gesetzeslage beruhte, die sich in einem entscheidenden Punkt geändert hat: Nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO war der Mehrvertretungszuschlag - im Falle der Vertretung mehrerer Auftraggeber in derselben Angelegenheit - davon abhängig, dass "der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe" war. Das galt nach der - allerdings umstrittenen (vgl. Enders, Anmerkung zu LG Osnabrück, JurBüro 1999, 248) - Auffassung des Landgerichts Berlin auch für die Erhöhung der Festgebühr nach §§ 132 Abs. 2, 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Diese einschränkende Voraussetzung gilt nach der gesetzlichen Neuregelung in RVG-VV Nr. 1008 Anmerkung 1 nur (noch) bei Wertgebühren, also nicht (mehr) bei Festgebühren nach RVG-VV Nr. 2503.

bb) Im Übrigen hat der Senat zwar entschieden (Beschluss vom 6. Februar 2007 - 1 W 243/06 -, mitgeteilt von Hansens, in: RVGreport 2007, 143), dass die Erhöhung der Gebühr wegen mehrerer Auftraggeber nach RVG-VV Nr. 1008 auf die Beratungsgebühr nach RVG-VV Nr. 2501 (früher: 2601) keine Anwendung findet, in der Begründung aber darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Regelung im RVG einer Anwendung auf die Geschäftsgebühr in Beratungshilfesachen - wie bisher nach § 132 Abs. 2 BRAGO - nicht entgegen steht. Das entspricht einhelliger Auffassung (vgl. OLG Oldenburg, AGS 2007, 45 m.w.N.). Denn die Bestimmung in Vorbem. 2.5 zu RVG-VV Nr. 2500 - 2508, im Rahmen der Beratungshilfe entstünden Gebühren "ausschließlich nach diesem Abschnitt", schließt nur die Entstehung in anderen Abschnitten geregelter Gebühren aus, nicht dagegen die Anwendung der allgemeinen für alle Abschnitte geltenden Bestimmungen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23. Februar 2006 - 10 W 137/05 -, JURIS, Rdn. 4). Die Erhöhung nach RVG-VV Nr. 1008 ist aber nicht als eigenständiger Gebührentatbestand geregelt, sondern bezieht sich auf alle Verfahrens- und Geschäftsgebühren, d.h. auch auf die in Nr. 2503 als Festgebühr geregelte Geschäftsgebühr.

cc) Die nach RVG-VV Nr. 1008 erhöhte Geschäftsgebühr entsteht nach dem Wortlaut der Bestimmung nur bei Vertretung mehrerer Personen als Auftraggeber "in derselben Angelegenheit". Dieselbe Angelegenheit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt auf Grund eines Auftrags für mehrere Mandanten im gleichen Rahmen tätig wird und ein innerer Zusammenhang zwischen den Beratungsgegenständen vorliegt (LG Berlin, Rpfleger 1996, 464, 466; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rdn. 1012; Madert, in Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., § 15, Rdn. 6). Im vorliegenden Fall sind diese Voraussetzung bei Vertretung mehrerer Personen - hier der aus den Eltern und vier minderjährigen Kindern bestehenden Familie nnn - in ihrer ausländerrechtlichen, den Aufenthalt der Familie betreffenden Angelegenheit erfüllt. Der Tätigkeit der Beschwerdeführer lag ein Auftrag durch Herrn nnn zugrunde. Der Rahmen, in dem sie für die Familie tätig geworden ist, war gleich. Die Beschwerdeführerin hat den ausländerrechtlichen Status der einzelnen Familienmitglieder gemeinsam geprüft, indem sie zunächst bei der Ausländerbehörde mit Schreiben vom 24. Mai 2005 Akteneinsicht begehrte und anschließend für den Sohnnnnnnnnnn eine Niederlassungserlaubnis beantragte. Auch ein innerer Zusammenhang zwischen den Beratungsgegenständen lag vor. Die Beschwerdeführerin hat keine verschiedenen Verfahren betrieben. Zudem stehen bei der Klärung des Aufenthaltsrechts einer Familie die Rechte der einzelnen Familienmitglieder in Bezug zueinander, insbesondere wenn wie hier minderjährige Kinder mitbetroffen sind, vgl. etwa §§ 27ff AufenthG (vgl. LG Berlin, Rpfleger 1996, 464, 466; LG Osnabrück, JurBüro 1999, 248; JurBüro 2000, 140 zu § 26 AsylVfG).

dd) Weitere Voraussetzung ist nach RVG-VV Nr. 1008, dass das Betreiben des Geschäfts in der Vertretung mehrerer Personen als "Auftraggeber" besteht. Nach § 7 RVG hat dies zur Folge, dass der Rechtsanwalt die Gebühren nur einmal in der sich aus der Anwendung von RVG-VV Nr. 1008 ergebenden Gesamthöhe fordern kann.

Auch diese Voraussetzung ist erfüllt. Die Beschwerdeführerin hat die aus sechs Personen bestehende Familie nnn in ihrer ausländerrechtlichen Angelegenheit vertreten, wobei es um den unbefristeten Aufenthalt sämtlicher Familienmitglieder ging. Gegenstand des Geschäfts war das Aufenthaltsrecht jeder einzelnen Person; die Familienzugehörigkeit ändert insoweit nichts daran, dass es sich bei dem Aufenthaltsstatus eines Ausländers um ein individuelles, nach seiner Person zu beurteilendes Recht handelt (LG Osnabrück, JurBüro 2000, 140; LG Stade, JurBüro 1998, 196; LG Berlin, Rpfleger 1996, 464, 466; JurBüro 1984, 239). Zur Wahrnehmung der Rechte bedurfte die Rechtsanwältin der Vollmacht für jede einzelne Person, die ihr von Herrn nnn für ihn und stellvertretend für seine Ehefrau und die Kinder erteilt worden war.

Unerheblich ist die Zahl und die Fassung der Berechtigungsscheine - im vorliegenden Fall wurde für nnnnnnn am 24. Mai 2005 ein Berechtigungsschein - 70a II 1920/05 - "für sich selbst und Familie" und am 7. Juni 2005 - 70a II 2162/05 - "für die mj Tochter nnn nnn " erteilt. Das Beratungshilfeverfahren ist von der Angelegenheit, für die Beratungshilfe gewährt wird zu unterscheiden (LG Berlin, Rpfleger 1996, 464, 466). Soweit die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Rahmen der Beratungshilfe liegt, bestimmt sich seine Vergütung gemäß § 44 RVG nach den Gebührentatbeständen des RVG, hier der RVG-VV Nr. 1008 in Verbindung mit 2503.

Unerheblich ist auch, ob gegenüber dem Rechtsanwalt mehrere Personen als zahlungspflichtige Auftraggeber im Sinne des § 7 Abs. 2 RVG aufgetreten sind, so dass der Rechtsanwalt gemäß § 44 S. 2 RVG in Verbindung mit RVG-VV Nr. 2500 (vormals Nr. 2600) RVG die Schutzgebühr von jedem Rechtssuchenden verlangen kann. Treten - wie hier - die Eltern als Rechtssuchende zur Wahrnehmung der ausländerrechtlichen Interessen der gesamten Familie auf, so liegt es nahe, dass eine Zahlungspflicht nur für diese begründet werden sollte. Hiervon zu unterscheiden ist aber der Begriff des Auftraggebers in RVG-VV Nr. 1008 (Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert/Müller-Rabe, a.a.O., VV 1008, Rdn. 35, 36). Ein Auftraggeberverhältnis bezüglich der Gebührenerhöhung liegt bereits dann vor, wenn derselbe Rechtsanwalt für verschiedene natürliche oder juristische Personen auftragsgemäß in derselben Angelegenheit gleichzeitig tätig werden soll. Das ist bei der Wahrnehmung des individuellen Aufenthaltsrechts mehrerer Personen auch dann zu bejahen, wenn diese durch familienrechtliche Beziehungen verbunden sind.

ee) Die Geschäftsgebühr ist für alle sechs Auftraggeber entstanden. Die Beschwerdeführerin hat für all sechs Personen entsprechend ihrem Mandat zur Prüfung und Durchsetzung von ausländerrechtlichen Interessen Akteneinsicht in die Ausländerakten beantragt und erhalten. Auf die Zahl der bei der Ausländerbehörde geführten Akten kommt es ebenso wenig an wie die daraufhin erfolgten Schritte. Die Gebühr entsteht nach RVG-VV Nr. 2503 Anm. 1 - ebenso wie bei der Geschäftsgebühr nach RVG-VV Nr. 2300 - für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, die hier durch die Akteneinsicht für alle Familienmitglieder erfolgte. Auf den Umfang der Tätigkeit für die jeweiligen Mitglieder der Familie kommt es dabei nicht an. Die Gebühr entsteht bereits mit der Informationsbeschaffung als notwendiger Vorbereitung für die eventuell erforderlichen, dann ebenfalls durch die Geschäftsgebühr abgegoltenen Maßnahmen gegenüber der Ausländerbehörde. Wenn sich der Auftrag ohne solche Maßnahmen erledigt, hat das auf die Höhe der Festgebühr - im Gegensatz zur Rahmengebühr nach RVG-VV Nr. 2300 - keinen Einfluss (Madert, a.a.O., VV 2300, Rdn. 14, 18; VV 2500-2508, Rdn. 30f.).

3. Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten, § 56 Abs. 2 S. 2 RVG.



Ende der Entscheidung

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